Historische Quelle

Regesta Imperii

[798] DCCXCVIII. Sed in ipso paschae tempore Nordliudi trans Albim sedentes seditione commota legatos regios, qui tunc ad iustitias faciendas apud eos conversabantur, conprehendunt, quosdam ex eis statim trucidantes, ceteros ad redimendum reservant;
ex quibus aliqui effugerunt, ceteri redempti sunt.
Rex collecto exercitu de Haristalli ad locum, qui Mimda dicitur, perrexit;
et facto consilio in desertores arma corripuit et totam inter Albim et Wisuram Saxoniam populando peragravit.
Nordliudi contra Thrasuconem ducem Abodritorum et Eburisum legatum nostrum conmisso proelio acie victi sunt.
Caesa sunt ex eis in loco proelii quattuor milia, ceteri, qui fugerunt et evaserunt, quanquam multi et ex illis cecidissent, de pacis conditione tractaverunt.

Übersetzung der Quelle

„Aber gerade zu dieser Zeit zu Ostern nehmen die Nordliudi (Nordelbinger), jenseits der Elbe siedelnd und grade dabei, einen Aufstand zu führen, die königlichen Gesandten, die sich zu diesem Zeitpunkt bei ihnen aufhielten um Recht zu sprechen, gefangen, von denen sie einige sofort niedermetzelten, andere für Lösegeld zurückbehalten.

Von diesen sind manche entkommen, andere losgekauft worden.
Der König ist, nachdem er das Heer gesammelt hat, von Haristallum (Herstal?) aufgebrochen zu dem Ort, der Mimda genannt wird;
Nachdem er den Plan gefasst hatte, hat er die Waffe zu den Abtrünnigen ergriffen und hat ganz Sachsen zwischen Elbe und Weser mit Verheerung bereist.
Die Nordleute sind, nachdem sie sich mit Thrasco, dem Führer der Abodriten, und unserem Gesandten Eburis einen Kampf geliefert haben, in offener Schlacht besiegt worden.
Von ihnen sind 4000 auf dem Schlachtfeld gefallen, andere, die geflohen oder entkommen sind, obwohl viele von jenen hingerichtet wurden, haben über Bedingungen für einen Frieden verhandelt.“

Erklärung zum Quelltext

Der Quellenfund, der uns hier interessiert, bezieht sich auf das Wirken Karls des Großen in den Chroniken des Reichsklosters Lorsch. In Lorsch wurde das Wirken Karls entweder direkt mitgeschrieben, oder diese Texte stammen aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts und wurden dort nur gesammelt. Seit der Einteilung des Leopold v. Ranke, der die Archive des römischen Reichs zwischen 1827 und 1831 durchsuchte, sind diese Chroniken zusammengefasst als Annales regni Francorum, bestehend aus Annales Laurissenses majorores und Annales Laurissenses minores.

Später wird diese in die Regesta Imperii eingegliedert. Andere Benennungen wie Annales Einhardi etc. sind mittlerweile überholt, weil Einhard meistens nicht mehr als Autor dieser Chronik gilt

Soweit die einzige schriftliche Quelle, die die Schlacht von 798 beschreibt. Eine fränkische, wohlgemerkt, denn weder die Sachsen noch die Slawen haben ihre Geschichte damals schon aufschreiben lassen.

Mit dem Frankenkönig und späteren Kaiser Karl dem Großen und seinen Zielen sollte sich jeder hier Interessierte im Vorfeld selbst auseinandersetzen.

Zusammenfassung

Dies ist die letzte Feldschlacht der „Sachsenkriege“ Karls des Großen. Karl lässt diese Schlacht im „hohen Norden“ durch Auxiliare ausfechten, hier von den slawischen Obodriten.

Die Obodriten sind keine Christen, das sollte Karl normalerweise ein Balken im Auge sein. Momentan arrangiert er sich aber mit ihrer Gefolgschaft, ohne die Taufe zu fordern. Ein Bündnis „über den Nachbarn“. Karl nimmt die Sachsen in die Zange, auch mit heidnischen Verbündeten.

Denn für Karl ist die Sache eigentlich bereits erledigt. Die südelbischen Sachsen mit hundert Gauen und auch die Friesen mit mindestens vierzehn Gauen sind bereits „befriedet“.

Die Nordluidi, damit meinen die Franken die Einwohner der drei sächsischen Gaue Holstein, Stormarn und Dithmarschen, haben die Obodriten und Eburis angegriffen, und das auch noch bei sich zu hause – in „Suenatana“.

Die Annales regnis Francorum verzeichnen keine einzige nordelbische Geisel in diesem „Straf-Feldzug“, sondern führen zehn Westfalen, fünfzehn Ostfalen und zwölf Engern teils namentlich auf.

Karl hat den Niedersachsen 797 mit den angebotenen Kapitulationsbedingungen [Capitulare Saxonicum] viel bessere Bedingungen angeboten, als noch 782 [capitulation de partibus Saxoniae]. Dennoch haben diese Bedingungen den Nordluidi als Grund für die Tötung der fränkischen Gesandten zu Ostern 797 ausgereicht.

803 stiftet Karl mit dem [Lex Saxonum] ein neues Landrecht. Dieses Landrecht baut auf dem alten Sachsenrecht auf.

Im Jahr 807 haben sich die Nordluidi endgültig unterworfen, also 9 Jahre nach dieser „vernichtenden“ Niederlage. (Vielleicht fand hier noch ein letzter Feldzug statt).

808 lässt Karl die Burgen Esesfeld südlich Itzehoe, und Hamburg erbauen und besetzen. Esesfeld verfällt bald darauf, in Hamburg haben wir die letzte Nachricht von einem fränkischen Grafen, als Bernharius 845 stirbt. Also zwei Burgen ganz nah an der Elbe für das ganze Nordelbingen.

810/811 legt Karl mit den Dänen die Eider als nördliche Reichsgrenze vertraglich fest, wieder ein Bündnis „über den Nachbarn“. Mit den Obodriten hat er sich inzwischen überworfen. Exilierte Sachsen dürfen in ihre Heimat zurückkehren.

817 wird als Grenze zu den Obodriten der limes saxoniae festgelegt, ein mehrere Kilometer breiter Streifen, der komplett entsiedelt wird. Dieser Grenzstreifen wächst in den nächsten 350 Jahren mit einem nahezu undurchdringlichen Urwald zu. Im Volksmund nennt man ihn „Isarnhoe“, den EISENWALD.

Soweit also das große „A“.