Alles schön und gut. Für uns ergeben sich zur fränkischen Geschichtsschreibung aber bitte einige Fragen…
Die fränkischen Quellen sind nicht schlüssig, wenn man die erkennbaren Auswirkungen auf die nachfolgende Geschichte untersucht. Sie stützt sich anscheinend nur auf einen einzigen Augenzeugen, nämlich den Legaten Eburis. Ansonsten werden die gesamten Maßnahmen und Auswirkungen des fränkischen Feldzugs 797/798 in Niedersachsen und in Nordelbingen in zwei einsamen Sätzen zusammengefasst, obwohl es noch mindestens 10 Jahre dauern soll, die Situation in eine Art Kontrolle, nach heutigem Verständnis, zu bekommen, und noch bis nach 840, bis in Norddeutschland endlich ein neuer „status quo“ anerkannt ist, bzw. sich auch schon wieder erledigt hat.
Sprich: Die Chronik beschreibt für die weiteren Abläufe nördlich der Elbe keine nachvollziehbare, oder „schlüssige“, Chronologie.
Um diese Lücke für eine in sich schlüssige Geschichte zu schließen, haben wir uns in der jüngeren Vergangenheit mit mehreren Arbeitsthesen beschäftigt. Dabei kam als Ergebnis heraus, dass einige Informationen aus der angegebenen Quelle schlichtweg falsch sein müssen (wie die Anzahl der Gefallenen), wahrscheinlich übertrieben waren (Eburis hat den rechten Flügel gehalten) oder einfach mit Ereignissen in Niedersachsen (Bevölkerungsdeportation) vermischt wurden.
Deshalb haben wir uns entschieden, für die Durchführung des Projektes Eisenwald einen Ablauf zu konstruieren, den man auch überhaupt einmal nachvollziehen kann.
Wir sind uns bewusst, dass wir hierzu den Weg des großen „A“ mit der Originalschrift verlassen werden. Und zwar aus den oben geschilderten Gründen.
Wir sind jedoch in der Vorbereitungsphase bereit, unsere „Abweichungen“ oder Herleitungen mit Jedem zu diskutieren und zu begründen. Das wird auch für z.B. die Kitguides gelten. Dafür werden wir interdisziplinär arbeiten und jeden gerne einbinden. Jeder Ansatz, der sich in den nächsten Zeiten ergibt, ist wertvoll. Egal ob historisch – kirchengeschichtlich – oder militärhistorisch, archäologisch, oder aus dem Ansatz eines Geographen oder Volks- und Völkerkundlers oder Agraringenieurs. Außerdem ist es uns wichtig, jeden ernsthaft interessierten Laien in diesen Gebieten einzubinden.
Unser Rekonstruktionsversuch von Suentana 798 – Wo war Suentana?
In der fränkischen Königschronik steht, Thrasco habe die Nordluidi bei „suentana“ geschlagen. Die Diskussionen, was aus dieser Ortsangabe herausgelesen werden kann, fasse ich hier einmal kurz zusammen.
Die Chronisten des 19. Jahrhunderts haben die möglichen Orte ausgiebig diskutiert. Einige zogen auch Orte weit im Mecklenburgischen Stammland in Betracht.
Festzuhalten ist: Wir können es aus der Quellenangabe „suentana“, die Eburis dem fränkischen Chronisten angibt, nicht genau erschließen. Alles andere sind in der aktuell gültigen Geschichtsfassung auch nur Schlussfolgerungen. Man hat sich seit etwa ab 1830 auf die Möglichkeit geeinigt, diesen Ort in der sächsisch/slawischen Grenzregion zu suchen. Dort also, wo nach Karls Beschluss spätestens nach 817 der Isarnhoe als entsiedelte Grenzzone mit Urwald zuwuchs. Das damalige Ergebnis lautet: Bei Bornhöved.
Der Ort Bornhöved ist zuletzt 1245 urkundlich noch als Zuentin erwähnt. Die Schwentine, Swentin, war nach 817 eindeutig der Grenzfluss. Wahrscheinlich war sie das bereits auch schon 798. Swentin ist ein slawischer Name und bedeutet „heiliger Fluss“. Damit hätte sich der slawische Flussname – im holsatischen Gebiet – in der fränkischen Chronik erhalten, ziemlich erklärbar.
In Ostholstein gibt es zwei Flüsse, die so heißen.
- Die sogenannte „Bungsberg-Schwentine“, die am Bungsberg entspringt, dann die Ostholsteiner Seen durchläuft und in die Kieler Förde mündet.
- Die „alte Schwentine“, die bei Bornhöved entspringt, durch den Stolper See, den Belauer See, und dann bei Preetz durch den Postsee in die andere Schwentine mündet. Diese Schwentine heißt in den Holsteiner Benennungen aber immer Bornbeck oder Mühlenbek.
Bleiben wir aber bei Bornhöved/Zuentin, wo sich der slawische Name lange gehalten hat. Ein Feldname zwischen dem Bornbeck/Swentin und dem Plöner See heißt immer noch Swentinefeld, ungefähr da, wo östlich von Bornhöved Kies abgebaut wird. Dort könnte man sich damals wunderbar gekloppt haben, und hat es vielleicht auch 1227 und 1813 wieder dort gemacht. Etwas südwestlich von Bornhöved lag bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts der Übungsplatz der Wandsbeker Husaren. Die Gegend hat sich also bis in unsere Zeit gut geeignet.
Somit wären die Annales regnis Francorum in dem Punkt widerlegt, wenn dort behauptet wird, die Nordluidi hätten die Obodriten angegriffen. Das Schlachtfeld lag auf Holsteiner Gebiet. Demnach sind die Nordluidi angegriffen worden.
Mir persönlich erschließt sich die Erklärung einiger Historiker bisher überhaupt nicht, die Nordleute hätten sich, weil sie sich nach der Tötung der fränkischen Gesandten vor einer Rachemaßnahme fürchteten, sofort militärisch gegen die Obodriten richten sollen… Ich hätte nach der Tötung der Gesandten eher einen fränkischen Angriff aus Süden, also über Stormarn, befürchtet.
Möglich wäre natürlich, dass Thrasco die Nordelbinger schlug, kurz bevor diese angreifen wollten.
Wenn Eburis den Aufgebotsbefehl Karls des Großen für die Obodriten in der Tasche hatte, sollte er Thrasco auf der Mecklenburg nördlich von Schwerin getroffen haben, der Königsburg der Obodriten. Möglich wäre auch Oldenburg, aber unwahrscheinlicher. Von Mecklenburg gehen die alten Heerwege ins Holstengau über Lübeck, bzw. Alt-Lübeck.
In beiden Fällen musste ein slawisches Heer nach Holstein über die Trave setzen. Mögliche Übergänge bieten sich nach den überlieferten Fernwegen an bei Segeberg und bei Nütschau in der Nähe von Oldesloe an. Ansonsten ist das Tal überall breit versumpft. Diese Übergänge wurden noch bis in die für uns greifbare Zeit (Anfang 11. Jahrhundert) durch Burgen gesichert. Eine Angriffsrichtung über die ostholsteinische Seenplatte schließen wir weitgehend aus.
Wohin also weiter?
Die Nordluidi hatten sich anscheinend bereits gesammelt, denn es kam direkt an der Grenze zur Schlacht.
Nach Bornhöved geht´s nach Norden. Nach Bramstedt (Alt-Holteinischer Goding und Aufgebotsplatz) nach West-Nord-West. Neumünster gab´s noch nicht, aber der Vorläufer Faldera/Wippendorf war auch Hauptort, bestens durch Burgen gesichert, und möglicher Sammelplatz.
Egal, wie man es betrachtet. Eigentlich können wir den Ausgang der Schlacht überhaupt nicht belegen. Wir sehen die Nordelbinger und auch die Obodriten in voller Aufgebotsstärke mit allen damaligen Waffengattungen.
Wir können den Raum der Schlacht jetzt eingrenzen. Nach unserer Erkenntnis hat sie im Dreieck Segeberg-Wahlstedt-Bornhöved stattgefunden und genau in diesem Dreieck werden wir sie wieder veranstalten.